
Ernst Belschner möchte mit Ihnen ins Gespräch kommen zum Thema der Bibelwoche „Kirche träumen“ mit „Gedanken zur Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis“ (Apg 12,1 -24 ). Pfarrer Glatter lädt zur Bibelstunde am 26. April in den Stall dazu ein.
Gerne können Sie auch als Leserbrief uns Ihre Gedanken dazu mitteilen.
Bibelwoche 2023 Kirche träumen
Gedanken zur Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis (Apg 12,1 -24 )
So einfach scheint das zu gehen: Die Gemeinde betet. Im Gefängnis erscheint ein Engel, weckt Petrus, sagt ihm was er anziehen soll. Dann fallen seine Ketten, sie gehen an den Wachen vorbei, das Tor öffnet sich. Petrus findet den Weg zu seiner Gemeinde.
Eine Vision, wie Petrus zunächst selbst denkt ? ein Traum, ein Märchen gar ?
Die Diskussion dazu berührte viele Aspekte, setzte das Denken, das Nach-Denken, den Glauben in Gang . Leider auch im Wissen, daß kein Unterdrücker eine solche Gefangenenbefreiung befürchten muß.
Wir können die Erzählung auch anders lesen: hatte Petrus ganz andere Ketten durch seine Verwurzelung in seinem bisherigen Leben ? Wir wissen ja selbst, welche Erschütterungen in uns vorgehen, wenn wir unsere weltlichen Prägungen und Überzeugungen aufgeben sollen. An all den Gewißheiten und Gewohnheiten einfach vorbeizugehen, die als Wächter vor uns stehen. Das offene Tor zu neuen Zusagen zu sehen und hindurchzugehen. Und in seiner Gemeinde Zuflucht und Geborgenheit zu finden.
Kirche träumen ? Was sind dann also unsere Mauern, Ketten und Wachen, wo sind unsre offenen Tore ? Alle unsere Traditionen geben uns Halt, zeigen uns unsere Verbundenheit im Guten wie im Bösen mit unserer Vergangenheit. Sind sie auch Ketten, die uns festhalten ?
Unsere schönen Kirchen und ehrwürdigen Mauern. Sie haben oft Schutz geboten; im Fall des Kirchenasyls tun sie das heute noch. Aber vielleicht engen sie auch ein ? Wie können wir sie noch durchlässiger machen ? es gibt ja doch schon viele Beispiele, die die Richtung anzeigen!
Unsere Gottesdienste, unsere Liturgie...wunderbare Gewohnheiten ! Aber wenn wir in anderen Landesgegenden, gar in freikirchlichen Zusammenhängen Anderes erleben, verunsichert uns das auch... wie war das vor fünfhundert Jahren, als mutige Menschen ( sogar weitergehender als von Luther vorgesehen ! ) ganz und gar Neues gedacht und umgesetzt haben – können und dürfen wir das heute zumindest überlegen!
Unsere Ämter: können persönliche Meinungsbildungen gegenüber der hohen ( ! ) Amtsverantwortung genügend berücksichtigt werden ? - zumindest das Bewußtsein bestimmter Zwänge darf geschärft werden.
Zum Schluß und nicht abschließend die Frage der offenen Tore. Denn es sind doch laut Paulus viele, die zur Gemeinde und zur Gemeinschaft der Christen führen. Jede/r sollte das Tor wählen können, das für sie / ihn zu diesem Ziel führt. Wenigstens ein kleines Tor sollte es aber geben, über dem steht : Ich glaube nicht.
Und Petrus ? Er blieb nicht im sicheren Hafen der Gemeinde. Entschlossen ( gegürtet ) , mit leichtem Schuhwerk, mit dem Mantel der Zusagen und Erwartungen, die er persönlich erhalten hatte, ging er aus der Stadt.
Zum Schluß noch eine besondere Erinnerung an diesen Abend. Unser erstes Lied war kein
Kirchenlied. Es hieß „Die Gedanken sind frei“ und wurde, wie mir schien, mit großer Freude
gesungen.
Christlich gesehen scheint mir das nicht nur eine Zusage, sondern auch ein Auftrag.
Ernst Belschner